Den Schweizer Meistertitel im Eishockey im Visier, spielt Andrew Ebbett sechs Wochen mit gebrochener Hand und Schmerzen. Erst nach dem Sieg des SC Bern ist der kanadische Mittelstürmer und zweifache Schweizermeister bereit, seine verletzte rechte Hand operieren zu lassen. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel: Für den Handchirurgen.
«Ein wenig böse war er schon, dass ich mit der kaputten Hand die Saison zu Ende spielen wollte», gibt der SCB Stürmerstar Andrew Ebbet zu. Wenn Sportler nur das Spiel und den Sieg im Kopf haben, kümmert er sich um die Schadensbegrenzung: Dr. med. Kay Jürgensen, der Handchirurg des SCB. Damit die Spieler immer wieder volle Leistung bringen können, muss auch er exzellente Arbeit leisten. «Handchirurgen operieren immer am Limit. Wir arbeiten im mikroskopischen Bereich, überall sind Nerven und Gefässe in der Nähe. Fehler haben fatale Folgen».
Dr. med. Kay Jürgensen
Dr. med. Kay Jürgensen ist Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates und Facharzt für Handchirurgie. Seit mehreren Jahren ist er, in Zusammenarbeit mit Dr. Tino Schär, für die Spieler des SCB bei handchirurgischen Verletzungen und für die Rehabilitation zuständig.
Im Eishockey kommt es am häufigsten zu Kopfverletzungen. Gleich an zweiter Stelle trifft es Arme und Hände: Besonders Torhüter sind oft von Fingerbrüchen, Kapsel- oder Bänderrissen betroffen.
Während eines Spiel im Dezember 2018 blockte Andrew Ebbett einen Schuss mit seiner rechten Hand ab. Fliegt ein Puck mit einer Geschwindigkeit von rund 160 Kilometern pro Stunde durch die Luft und prallt gegen die Hand, kann aber auch ein gut gepolsterter Handschuh nicht mehr viel ausrichten.
Der Kanadier erlitt zum vierten Mal einen Knochenbruch in seiner rechten Hand: Nach Zeigefinger- und kompliziertem Daumenbruch hielt ein weiterer Finger der enormen Wucht des Pucks nicht stand. «Aus ärztlicher Perspektive hätte man die Operation sofort durchführen müssen. Durch das Warten wurden die Finger immer krummer und kürzer», erinnert sich Dr. Jürgensen.
Doch solche Bedenken und Schmerzen halten Eishockeyspieler nicht vom Eis fern: Ein bisschen «Tape» muss reichen. Mit den Worten «As long as you win», liess der Handchirurg den Spieler wohl oder übel gewähren. Erst eine Woche nachdem der SCB den Sieg geholt hatte und die Siegesfeiern vorbei waren, wurde endlich operiert. In einer aufwändigen Rekonstruktion entnahm Dr. Kay Jürgensen Knochen von der Speiche und transplantierte diese an den Mittelknochen – wo vorher ein Loch war. «Den Finger habe ich wieder auf die richtige Länge gebracht und richtig eingestellt».
Gleich im Anschluss an die Operation von Andrews Hand, legte sich auch noch der SCB Spieler Thomas Rüfenacht mit einer Handverletzung auf den Operationstisch des Handchirurgen. Mit Teamspirit blieb die Motivation der Spieler hoch, die Heilungsphase mit der gleichen Ernsthaftigkeit in Angriff zu nehmen wie ein Spiel in der Meisterschaft. Es folgte eine mehrwöchige, intensive physiotherapeutische Nachbehandlung, denn gerade bei Profisportlern muss es schnell gehen. «Die handchirurgische Rehabilitation ist hochspezialisiert und zentral für den Verlauf der Heilung. Ohne die Spezialisten im therapeutischen Bereich wäre eine schnelle und gute Heilung nicht möglich.»
Was alles möglich ist, erstaunt selbst den Chirurgen immer wieder. Dr. Jürgensen erinnert sich: «Ein anderer Team-Spieler war etwas mehr als drei Wochen nach der Operation eines Trümmerbruchs wieder auf dem Eis. Vier Minuten nach Anpfiff erzielte er den entscheidenden Treffer». Der Kommentar des Trainers Kari Jalonen und der Spieler zum Handchirurgen nach dem Match: «You made it».