Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat ihn 2009 im Rahmen der WHO-Kampagne «Save Lives: Clean Your Hands» ins Leben gerufen. Die eigentliche Hauptzielgruppe damals war das im Gesundheitswesen beschäftigte Personal. Es sollte für die Notwendigkeit der Handhygiene sensibilisiert werden. Das Datum ist kein Zufall: die Zahl Fünf steht symbolisch für die fünf Finger einer Hand.
von Max Winiger
Spannend ist eine Recherche im Netz zu den bisherigen Welthandhygienetagen: in den allermeisten Fällen waren die Massnahmen auf das Personal in Gesundheitseinrichtungen fokussiert. Tatsächlich war die Handhygiene in Arztpraxen und Krankenhäusern bisher offenbar nicht immer optimal. Theoretisch sollten sich Ärzte und Pfleger nach jedem Patientenkontakt die Hände desinfizieren. In der Praxis sieht es jedoch oft anders aus. Allein durch Händeschütteln zur Begrüßung werden Infektionserreger unmittelbar weitergereicht.
Im Zuge der Coronavirus-Pandemie dürfte sich nun aber sehr vieles geändert haben. Handhygiene ist omnipräsent. Kein Wunder: Ihr kommt eine Schlüsselbedeutung bei übertragebaren Erkrankungen zu. Nach Schätzungen der WHO werden 80 Prozent aller Infektionskrankheiten über die Hände übertragen. Hinzu kommt: Viren und Bakterien haften auch auf Oberflächen wie etwa Türklinken, Treppengeländer Computertastaturen, Handys oder Handtaschen. Grippeviren zum Beispiel können dort rund 48 Stunden überleben. Coronaviren sind im Allgemeinen nicht besonders stabil auf trockenen Oberflächen und überleben dort nur einige Stunden bis wenige Tage. Damit sich aber jemand wirklich ansteckt, müsste etwa ein Paket, Tisch oder eine andere Oberfläche sehr frisch kontaminiert sein. Die Tröpfchen müssten zudem recht gross und die Virenzahl sehr hoch sein. Eine Ansteckung auf diesem Weg sei «nur in einem kurzen Zeitraum nach der Kontamination möglich», heisst es beispielsweise auf der Website des Bundesinstituts für Risikobewertung BfR in Deutschland.
Händewaschen vermeidet jede zweite Infektion
Nach dem Berühren einer kontaminierten Fläche muss man sich aber ins Gesicht, an die Nase, den Mund oder die Augen fassen, um sich zu infizieren. Denn die eigentliche Gefahr ist, dass die Keime von den Händen schnell in Nasen-Rachen-Schleimhäute oder ins Auge und so in den Körper gelangen. Studien haben gezeigt, dass sich Menschen alle drei Minuten ins Gesicht fassen – unbewusst. Durch gründliches Händewaschen mit Wasser und Seife, lässt sich rund jede zweite Infektionskrankheit vermeiden.
In Zukunft dürfte Handhygiene sowieso eine ganz andere Bedeutung erlangen. Auch zum Beispiel an Flughäfen. Ein Team von finnischen und britischen Wissenschaftern untersuchte in einer umfassenden Studie 2018, wo an Flughäfen die Gefahr besonders gross ist, sich zu infizieren. Erstaunliche Erkenntnis: Das grösste Infektionsrisiko sind die Kunststoffwannen an den Sicherheitskontrollen, in die man Gürtel, Tasche, Schuhe etc. für den Scan legt. Sie wurden bis anhin seltener gereinigt als Toiletten oder Handläufe. Das dürfte sich in Zukunft ändern.
Welttag des Händewaschens – am 15. Oktober
Bisher war die Hauptansprechgruppe des heutigen WHO-Welthandhygienetags das Personal medizinischer Einrichtungen. Inzwischen wissen wir alle, wie wichtig Handhygiene ist. Wer das das noch immer nicht glauben will, der wartet eben bis zum 15. Oktober. Dann findet der Welttag des Händewaschens statt. Er wurde 2008 ebenfalls von der WHO zusammen mit UNICEF, der Weltbank und dem Center for Disease Control and Prevention der USA erstmals durchgeführt. Weltweit starben bisher an den Folgen von Infektionen aufgrund mangelnder Hygiene jährlich 3,5 Millionen Kinder unter fünf Jahren. Gemäss WHO kann durch regelmässiges Händewaschen mit Wasser und Seife das Risiko einer Durchfallerkrankung um mehr als 40 Prozent gesenkt werden, das Risiko einer Atemwegsinfektion um fast 25 Prozent. Hier geht’s zum BAG-Erklärvideo und allen weiteren Infos für ein korrektes Händewaschen:
Der Retter der Mütter
Handhygiene ist übrigens noch gar nicht solange selbstverständlich: es war der österreichisch-ungarische Arzt Ignaz Semmelweis (1818-1865) der noch im 19. Jahrhundert als Erster den Zusammenhang zwischen mangelnder Hygiene und Keimübertragung empirisch beweisen konnte. Semmelweis war 1846-49 Assistenzarzt an der ersten Wiener Klinik für Geburtshilfe, die aus zwei Abteilungen bestand. Die eine oblag der Obhut der Ärzte und Medizinstudenten, für die andere waren die Hebammen verantwortlich. Auffällig war, dass gravierend mehr Todesopfer in der Abteilung der Ärzte und der Studenten zu verzeichnen waren, als in der zweiten, dem Reich der Hebammen. Grund hierfür lag darin, dass nach der Durchführung von Autopsien die Ärzte und Studenten direkt zur Untersuchung der jungen Mütter kamen.
Ignaz Semmelweis erkannte den fatalen und ursächlichen Zusammenhang zwischen unsauberen Händen (z.B. Berührungsinfektion durch «Leichengift») und erkrankten Wöchnerinnen. Als hygienische Massnahme führte er die Händedesinfektion mit Chlorkalk ein. Obwohl Semmelweis die Sterberate in seiner Abteilung dadurch aufsehenerregend senken konnte, erntete er von seinen Kollegen nicht Anerkennung, sondern offene Feindschaft. Weitere Informationen finden Sie hier.